Im Ladenburger Carl-Benz-Haus der Stiftung fand am 02. und 03. November 2023 ein Treffen zur „Sprachstandsfeststellung bei Kindern im Vor- und Grundschulalter“ statt – just als der Bundeskanzler beim Bürgerdialog im benachbarten Mannheim die Forderung nach regelmäßigen Vergleichstests der Sprachkompetenzen von Kindern formulierte. Das Thema ist bundesweit von hoher Bedeutung: Tests, die eigentlich die Sprachkompetenz mehrsprachiger Kinder ermitteln sollen, sind nach wie vor überwiegend monolingual ausgelegt. So wird eine hohe Zahl von Kindern fälschlicherweise mit einer Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert. Aus dieser fehlerhaften Diagnose entstehen massive Nachteile für den Lebensweg der betroffenen Kinder – und dadurch für die gesamte Gesellschaft.
Um dieses Problem anzugehen, hat die Daimler und Benz Stiftung unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Roche, Ludwig-Maximilians-Universität München, über mehrere Jahre hinweg ein Projekt gefördert, das die Entwicklung eines geeigneten Testverfahrens zur Sprachstandsdiagnose bei mehrsprachigen Kindern zum Ziel hatte. Das interdisziplinäre Forscherteam umfasste Linguisten, Statistiker und Psychologen mehrerer Universitäten in Deutschland und der Schweiz. Im Jahr 2023 wurde während eines Fachkolloquiums in München der Prototyp einer App präsentiert, die in Kitas und Kindergärten eingesetzt werden kann.
Im Juni 2023 erhielt ein anderes Team unter der Koordination von Prof. Dr. Natalia Gagarina vom Berliner Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft eine Förderungszusage des BMBF. Ziel war die Validierung einer standardisierten Testbatterie, die zuvor im Rahmen eines internationalen EU-Projekts entwickelt wurde und die zentralen sprachlichen Ebenen – Phonologie, Grammatik, Wortschatz und Erzählen – in einem Verfahren für mehrsprachige Kinder systematisch berücksichtigt. Das Ergebnis des Validierungsprojekts soll nun unter dem Namen TEBIK 4-8 (Test für Bilinguale Kinder von 4 bis 8 Jahren) in die Anwendung überführt werden.
Auf Einladung der Daimler und Benz Stiftung kamen nun beide Wissenschaftlerteams zu einem vertrauensvollen und konstruktiven Workshop zusammen. Es stellte sich heraus, dass deren jeweilige Ansätze auf einer ähnlichen Einschätzung des Status Quo in der Sprachstandsdiagnose beruhen und entsprechende Ziele verfolgen. Beide streben die Verbesserung der diagnostischen Methoden und die Vorbereitung effektiver Fördermaßnahmen an. Die Kooperation soll weiterhin ausgebaut werden, um die Sprachstandsdiagnostik in Deutschland zu verbessern sowie geeignete Förder- und Therapiemaßnahmen zu etablieren.