v. l. n. r.: C. Reinhardt, A. Lotzin, I. Laskowsky
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In einem von der Daimler und Benz Stiftung geförderten Forschungsprojekt untersuchen Psychologen, ob Atemroboter Schlafprobleme und Übererregung bei posttraumatischen Belastungsstörungen reduzieren können. Ziel ist es, einen robotergestützten Therapieansatz zu erproben und weiterzuentwickeln. Das Projekt „Atemroboterinterventionen zu Verringerung von Schlafproblemen und Übererregung“ wird von Prof. Dr. Annett Lotzin vom Department Psychologie der Medical School Hamburg geleitet.
Rund ein Drittel der Bevölkerung erlebt mindestens einmal im Leben ein traumatisches Ereignis – einen Unfall, eine Vergewaltigung oder eine Misshandlung. Die Folgen: Jeder Zehnte der Betroffenen entwickelt eine posttraumatische Belastungsstörung und leidet unter erhöhtem Stressniveau, Übererregung und Schlafstörungen. Um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, werden im Rahmen von Psychotherapien auch Techniken zur Verlangsamung des Atems eingesetzt. Über einen ruhigeren Atemrhythmus wird das parasympathische Nervensystem aktiviert, was für mehr Entspannung bei den Betroffenen sorgt – ein Effekt, der auch mithilfe von Atemrobotern erreicht werden könnte.
Atemroboter wurden bislang noch nicht zur Behandlung von Traumafolgestörungen eingesetzt; allerdings wurden sie zur Reduktion von Schlafproblemen bei sonst gesunden Menschen entwickelt. Der Roboter simuliert die menschliche Atmung und reduziert dabei die Atemfrequenz des Anwenders, um die gewünschten Entspannungseffekte zu generieren und einen besseren Schlaf zu fördern. Erste Pilotstudien zeigen, dass gesunde Menschen auf die robotische Atmung gut ansprechen und ihr Atemmuster entsprechend anpassen. Ihre Schlafqualität verbessert sich.
Genau diese Wirkung wird auch bei Menschen mit Traumafolgestörungen erwartet. In der von der Daimler und Benz Stiftung geförderten Studie werden nun erstmals die Durchführbarkeit und Effektivität des Atemroboters „Somnox 2“ zur Verminderung von Schlafproblemen und Übererregung bei posttraumatischen Belastungsstörungen untersucht. Insgesamt nehmen 30 Personen teil, die nach dem Zufallsprinzip einer Versuchs- bzw. Kontrollgruppe zugeteilt werden. Die Teilnehmer der Versuchsgruppe wenden den Atemroboter über einen Zeitraum von vier Wochen vor dem Schlafengehen an. Personen der Kontrollgruppe erhalten währenddessen einen nicht atmenden Roboter.
Alle Teilnehmer werden mit einem Messgerät am Handgelenk ausgestattet, das physiologische Daten erhebt – etwa Herzfrequenz und Hautleitfähigkeit. Täglich wird nach dem Aufwachen die von ihnen empfundene Schlafqualität dokumentiert. Im Rahmen zielgerichteter Interviews werden sie von den Wissenschaftlern über bestehende Schlafstörungen und Symptome ihrer posttraumatischen Belastungsstörung befragt. In der Studie wird auch erfasst, wie häufig die Patienten den Roboter anwenden und wie zufrieden sie damit sind.
Sollten sich erste Anhaltspunkte für die Effektivität des Atemroboters bei posttraumatischen Belastungsstörungen zeigen, kann dieser neue Ansatz in einer groß angelegten Studie mit einer höheren Patientenzahl weiter überprüft werden. Langfristig könnte ein Atemroboter ergänzend zu einer Psychotherapie sowie zur Überbrückung von Wartzeiten bis zum Beginn einer Therapie eingesetzt werden. Auch bei Patienten mit Angststörungen könnten robotische Systeme hilfreich sein.