Ottmar Kullmer
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum
© Ottmar Kullmer_Sven Tränkner
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Im Januar 2023 startete das gemeinsam von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, der Werner Reimers Stiftung und der Daimler und Benz Stiftung geförderte Projekt zur Erforschung der biokulturellen Evolution von Homo sapiens in Südostasien. Das Projekt mit dem Titel „Microscopy for Chronology: Use¬wear Analysis and Lithic Technology in Island Southeast Asia“ von Herrn Dr. Riczar Fuentes von der Abteilung für Soziologie und Anthropologie an der Ateneo de Manila University auf den Philippinen wird in Kooperation mit Prof. Dr. Ottmar Kullmer, Abteilung Paläoanthropologie am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, durchgeführt.
Begründer der Paläoanthropologie am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturkundemuseum Frankfurt war Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald (1902-1982). Neben seiner Forschung zur Evolution unserer menschlichen Vorfahren umfasst sein wissenschaftliches Vermächtnis eine bedeutende paläontologische und kulturelle Sammlung: Sie zeigt hominide Fossilien und Steinwerkzeuge aus dem Pleistozän, tierische Überreste einer indonesischen Fundstätte auf der Insel Java sowie Briefe, Manuskripte und viele weitere Dokumente. Das neue Forschungsvorhaben, das im Kontext frühmenschlicher Evolution und Paläodiversität steht, knüpft an dieses Wissen an. Gleichzeitig ist es vor dem Hintergrund der „Shared culture“-Diskussion zu sehen. Auch wenn die Sammlung in Frankfurt liegt, soll die Möglichkeit eröffnet werden, diese der internationalen Wissenschaft zugänglich zu machen.
Das aktuelle Projekt mit mehreren Kooperationspartnern befasst sich mit der Entwicklung und Nutzung von frühen Steinwerkzeugen in Südostasien. 2023, im ersten Jahr der Förderung, wurden von Herrn Dr. Riczar Fuentes bei mehreren Forschungsreisen an verschiedenen archäologischen Fundplätzen auf den Philippinen Materialien für Laborexperimente zur Rekonstruktion der Entstehung von Gebrauchsspuren an Steinwerkzeugen gesammelt. Hierbei handelt es sich vorrangig um Hornsteine (z. B. Feuersteine) und dazu Bambus als potenzielles Kontaktmaterial. Hornsteinknollen, die hauptsächlich in archäologischen Stätten auf den Philippinen, aber auch in ganz Südostasien gefunden wurden, verwendeten unsere Vorfahren während der prähistorischen Perioden des späten Pleistozäns und Holozäns zur Herstellung von sogenannten Abschlaggeräten.
Mit dem Export der gesammelten Materialien nach Deutschland startete im Oktober im Fachlabor für Gebrauchsspurenforschung und kontrollierte Experimente (TraCEr) eine Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) auf Schloss Monrepos in Neuwied. Dort werden nun erstmals Versuche zur Entwicklung einer digitalen Datenbank durchgeführt, um die Variabilität von Gebrauchspuren an originalen prähistorischen Steinwerkzeugen aus Südostasien zu vergleichen. Der neue Forschungsansatz soll es ermöglichen, die Herstellung und Benutzung von Abschlaggeräten besser zu verstehen, und so das Verhalten, den Austausch und die Verbreitung von unterschiedlichen Techniken der frühen Steinwerkzeugkulturen zu rekonstruieren und dazu digital zu dokumentieren. Das neue Forschungsprojekt knüpft an die Erfahrungen und Erfolge aus einem früheren Forschungsaufenthalt einer Wissenschaftlerin an (Link).
Kooperierende Stiftungen: