Ladenburger Diskurs „Sprachliche Entwicklung neu zugewanderter Schüler in Deutschland – Forschungszugriffe und Forschungskooperationen“

© Daimler und Benz Stiftung
24.–25. 10. 2024
Anlass
In Deutschland ist die Anzahl zugewanderter Personen seit 2015 stark angestiegen; das betrifft auch die Gruppe von Kindern und Jugendlichen: Nach letzten Berechnungen des Mikrozensus für 2023 sind 13,3 % aller in Deutschland lebenden Personen im Alter von 5 bis 20 Jahren selbst zugewandert, 8,9 % sogar erst ab einem Alter von 5 Jahren. Dies bringt besondere Herausforderungen für die Gesellschaft und insbesondere das Bildungssystem mit sich. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wäre eine umfassende wissenschaftliche Begleitung der Lernverläufe und der akademischen Erfahrungen der Schüler wichtig, wodurch Hinweise für eine adäquate (auch sprachliche) Beschulung erarbeitet werden können. Gerade hier zeigen sich jedoch große Lücken, denn gesicherte empirische Erkenntnisse zu der sprachlichen und später auch der akademischen Entwicklung dieser Schüler fehlen weitestgehend. Dies erschwert folglich Versuche, die erwartbare sprachliche Entwicklung zu modellieren und entsprechende zielgerichtete Fördermaßnahmen für diese Zielgruppe zu entwickeln.
Ziel und Ergebnisse
Im Rahmen des Ladenburger Diskurses tauschten sich 14 erfahrene Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und mit unterschiedlichen Forschungsfoki zur Frage aus, wie der sprachlichen Entwicklung neu zugewanderter Schüler in Deutschland empirisch nachzugehen sei und welche Konsequenzen weitere Forschung für die Wissenschaft und Bildungspraxis hätte. Ziel des Treffens war es, trotz der vertretenen und zum Teil stark abweichenden Forschungszugriffe eine gemeinsame Strategie zur Erforschung der sprachlichen Entwicklung dieser Zielgruppe zu formulieren.
Während des Treffens wurde daher über Forschungszugriffe, -ergebnisse und -desiderate im deutschsprachigen Raum aus der Perspektive der Forschungsschwerpunkte Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, Mehrsprachigkeitsforschung, Soziologie und Psycholinguistik diskutiert und gemeinsame Perspektiven eruiert. Die Teilnehmer waren sich einig, dass eine koordinierte Zusammenarbeit in der Forschung über unterschiedliche Standorte und Disziplinen hinweg notwendig ist, um vorhandenen Desideraten nachzugehen und Perspektiven für die Verbesserung der Bildungssituation neu zugewanderter Schüler aufzuzeigen. Die Forschergruppe entschied sich, gemeinsam über den Aufbau und die Durchführung eines kooperativen interdisziplinären, multilokalen und longitudinalen Projekts zur Erforschung individueller sprachlicher Entwicklungsverläufe von neu zugewanderten Schülern unter Berücksichtigung der Situierung in sozialen, gesellschaftlichen und insbesondere unterrichtsbezogenen Strukturen zu arbeiten. Längerfristig soll damit die erwartbare sprachliche Entwicklung modelliert und entsprechende zielgerichtete Fördermaßnahmen für diese Zielgruppe entwickelt werden.
Weiterführende Kooperationen
Auf der Basis der erstmals in Ladenburg geführten gemeinsamen Diskussion fand sich eine Gruppe aus interessierten Teilnehmern zusammen, die nun Diskussionen über Potenziale einer engen, längerfristigen Forschungszusammenarbeit führt. Der Ladenburger Diskurs wurde von allen Anwesenden als hervorragende Gelegenheit für die erste Entwicklung gemeinsamer Interessen und Ideen wahrgenommen, um die Fokussierung auf die wichtige Zielgruppe der neu zugewanderten Schüler im deutschen Schulsystem zu ermöglichen und damit einen Anstoß für weitere Kooperationen in Forschung und Praxis zu geben.
- Prof. Dr. Nicole Marx, Universität zu Köln


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