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Faszination Verschwörung – Geschichte und Wirkungen von Verschwörungstheorien

 

Hinter den Terroranschlägen von 9/11 sei nicht Osama Bin Laden – sondern die USA selbst gesteckt. Die Bundesrepublik sei kein Land, sondern eine Firma und die Bevölkerung Europas werde im Zuge eines „Großen Austauschs“ gezielt islamisiert. Die Welt werde von außerirdischen Reptilien regiert und Flugzeuge versprühten in der Troposphäre Chemikalien, sogenannte Chemtrails, um die Menschheit gefügig zu machen.

Viele Menschen versuchen, Ereignisse oder Entwicklungen auf Verschwörungen zurückzuführen. Doch was genau ist eigentlich eine Verschwörungstheorie – und was nicht? Weshalb glauben Menschen an solche Behauptungen und gibt es heute mehr davon als früher? Welche Rolle spielt das Internet? Und wie hängen Verschwörungstheorien und Populismus zusammen? Prof. Dr. Michael Butter, Lehrstuhlinhaber für amerikanische Literatur- und Kulturgeschichte an der Universität Tübingen, sprach in seinem Vortrag über Geschichte, Ursachen und Wirkung von Verschwörungstheorien. Gemeinsam mit Peter Knight von der Universität Manchester leitet er ein Forschungsprojekt zur vergleichenden Erforschung von Verschwörungstheorien, an dem mehr als 150 Wissenschaftler aus 39 Ländern beteiligt sind.

„Verschwörungstheorien sind in den letzten Jahren gerade durch den Einfluss des Internets und insbesondere der sozialen Medien wieder populärer geworden. Sie sind aber noch lange nicht wieder so populär und einflussreich, wie sie das zum Beispiel vor 100 oder vor 200 Jahren noch waren“, stellte Butter fest. Allerdings seien sie durch das Internet vor allem wieder sichtbarer geworden. Butter benannte drei Charakteristika, auf die sich Verschwörungstheorien zurückführen lassen: „Diese nehmen nämlich an, dass erstens alles geplant wurde, also nichts durch Zufall geschieht; dass zweitens nichts so ist, wie es scheint, dass man also immer hinter die Kulissen blicken muss, um die wahren Verhältnisse zu erkennen; und drittens, dass alles miteinander verbunden ist, also Ereignisse, die andere nicht miteinander in Verbindung bringen würden, ganz eng miteinander verknüpft sind.“

Eine in Deutschland momentan sehr weit verbreitete Verschwörungstheorie sei diejenige des großen Austausches, der zufolge Europa und insbesondere Deutschland aufgrund eines Plans einer kleinen internationalen Finanzelite gezielt islamisiert werden soll. Weiterhin in Deutschland sehr verbreitet sei die sogenannte Reichsbürger-Verschwörungstheorie, die davon ausgeht, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg niemals unabhängig geworden, sondern eine Firma wäre, die von den Alliierten betrieben würde, um irgendwelche dunklen Zwecke zu erreichen. Die Verbreitung von Verschwörungstheorien sei mittlerweile ein Milliarden-Geschäft: „Schließlich gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Internet-Nutzern, die gezielt für YouTube und andere Plattformen kurze Videos produzieren, in denen sie eine Reihe von Verschwörungstheorien und Gerüchte aufgreifen.“

Auf die Frage nach seiner Lieblings-Verschwörungstheorie antwortete Butter: „Das ist immer noch die Mondlandungsverschwörungstheorie. Zum einen ist das die erste Verschwörungstheorie, mit der ich 1999 ganz bewusst in Berührung gekommen bin. Zum anderen ist diese Verschwörungstheorie auf den ersten Blick unglaublich überzeugend.“

Referent
Prof. Dr. Michael Butter ist Inhaber des Lehrstuhls für amerikanische Literatur- und Kulturgeschichte an der Universität Tübingen. Er studierte in Freiburg, Norwich und Yale Anglistik Germanistik und Geschichte, promovierte in Bonn und habilitierte sich schließlich in Freiburg. Mit Peter Knight von der Universität Manchester leitet er ein Projekt zur vergleichenden Erforschung von Verschwörungstheorien, an dem mehr als 150 Wissenschaftler aus 39 Ländern beteiligt sind. Im Frühjahr erschien sein aktuelles Buch „Nichts ist, wie es scheint: Über Verschwörungstheorien“.
 

Dialog im Museum
19. Juni 2018
Mercedes-Benz Museum
70372 Stuttgart

Referent:
Prof. Dr. Michael Butter
Inhaber des Lehrstuhls für amerikanische Literatur- und Kulturgeschichte Universität Tübingen