Geschlechterdimensionen in der Überschuldungsforschung – Leerstellen und Perspektiven
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Der Ladenburger Diskurs wird sich systematisch mit der Dimension „Geschlecht“ bei privaten Überschuldungssituationen befassen. Vom 28.-29.10.2024 treffen sich Wissenschaftler in Ladenburg, um das Themenfeld interdisziplinär zu beleuchten und Strategien für eine zielgerichtete Unterstützung von Verbrauchern zu entwickeln.
Die Herausforderungen der privaten Überschuldung sind so komplex wie nie zuvor. Die Krisen der letzten Jahre haben nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Thema gelenkt, sondern auch die finanziellen Handlungsspielräume vieler Verbraucher erheblich eingeschränkt. Erstmals sind völlig neue gesellschaftliche Gruppen mit Zahlungsschwierigkeiten konfrontiert. Gleichzeitig fehlen im Kontext der privaten Überschuldung wissenschaftliche Erkenntnisse.
Dabei wird bislang die Dimension „Geschlecht“ mit Blick auf die Entstehung, Bewältigung und nachhaltige Überwindung von Überschuldungssituationen zu wenig systematisch berücksichtigt. Finanzielle Belastungen, die durch die ungleiche Verteilung von Ressourcen, Care-Arbeit und geschlechterspezifischen Normen unbedingt berücksichtigt werden müssen, erhöhen das Risiko der Überschuldung insbesondere für Frauen. Auch bei Bewältigungsstrategien und der Bereitschaft, professionelle Hilfe etwa durch Schuldnerberatungen anzunehmen, lassen sich geschlechterspezifische Unterschiede feststellen.
Der Ladenburger Diskurs „Geschlechterdimensionen in der Überschuldungsforschung“ beabsichtigt aus einer interdisziplinären Perspektive, einen Beitrag zu folgenden Fragestellungen zu leisten: Welche spezifischen Herausforderungen erleben Frauen und Männer in finanziellen Krisensituationen? Welche unterschiedlichen Handlungsstrategien entwickeln sie hierbei? Wie beeinflussen gesellschaftliche Normen und Werte die Wahrnehmung und den Umgang mit Schulden? Und inwieweit sind bestehende Strukturen und Unterstützungsangebote auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Geschlechtern abgestimmt?
Im Rahmen des Ladenburger Diskurses sollen Perspektiven für Forschung, Vernetzung und Wissenstransfer diskutiert werden: Zum einen soll der bestehende Forschungsstand zur Bedeutung des Geschlechts im Kontext der Überschuldungsforschung erhoben und interdisziplinär erweitert werden. Darüber hinaus sollen die Aufmerksamkeit für geschlechtsspezifische Themen in der Überschuldungsforschung erhöht und gemeinsame Publikations- sowie Forschungsvorhaben initiiert werden. Der Theorie-Praxis-Dialog soll schließlich dem Wissenstransfer und dem Vorhaben dienen, Ansätze und Strategien für eine zielgerichtete Unterstützung von Verbrauchern zu entwickeln.
- Prof. Dr. Kerstin Herzog, Hochschule RheinMain, Fachbereich Sozialwesen